Black N Grey *Anderwelt*

Zur Serie mit dem schlichten Titel „Fotowand“ rief der Gastronom und Galerist Tim Seidel Fotografen der Hansestadt auf, eine Strecke in Zusammenarbeit mit dem Thalia Theater Hamburg zu entwickeln. Nach Peter Hönnemann wurde ich berufen. Das Briefing sah vor, das ich im Gespräch, im Konversationsraum oder am Tisch in der Kantine ab und an die Kamera ansetze, um entspannte private Momente der Schauspieler einzufangen. Doch es kam anders, sehr anders.

Schwarze Hose, schwarzes Hemd und schwarze Schuhe, die Hemdsärmel lang und schon ist man quasi unsichtbar auch auf der dunklen Bühne – das dachte ich, falls es doch dazu kommen sollte, sie zu betreten. Schon in der ersten halben Stunde der Probe wurde ich stiller Zeuge von gemeinsamer Konzentration einer Gruppe des Ensembles, im kleinen Vorraum vor der Bühne… Ich machte zwei Bilder, zog mich danach langsam zurück und als ich wiederkam, ging die Gruppe auf die „Offene Bühne“ (direkter Einblick der Theaterbesucher). Zu meinem Erstaunen, wurde mir die Tür aufgehalten. Ich hatte dort nichts zu suchen, doch für mich war das der Ritterschlag zur „Theaterrunde“. Die Chemie stimmte, wir verstanden uns wortlos und meine Zurückhaltung wurde mit grenzenloser Offenheit belohnt.

Aus der Vorgabe nur in Aufenthaltsräumen zu fotografieren, ging es für mich nun hinter, unter und auf die Bühne. Während des Stücks in den Kulissen und durch die Gänge und Ränge springend kam und durfte ich in nahezu jeden Raum. Mit großem Vertrauensvorschuss wurde ich auch in die Umkleiden gebeten und irgendwann kam Rocko Schamoni auf die Idee, ich könnte gut in das Stück Fraktus passen. Mit den Worten: „du schaust doch schon so aus, für dich braucht es nicht mal ein Kostüm“ wurde ich, in der Rolle als Fotograf eingesetzt. So kam es, dass ich mehrmals auf der Bühne stand, unter anderem auch an manchen Tagen auf gleich zwei Thalia Theater Bühnen vor ausverkauftem Haus. Fraktus im Haupthaus und bei den drei Musketieren im Theaterzelt am Hafen, auch in der Rolle des Fotografen, aber mit improvisiertem Text. Aufregende Momente un eine Geschichte, die ich sehr gerne erzähle.

Zu der Zeit nannte ich die Arbeit dort fotografieren ohne Licht. Besonders in den Momenten hinter der Bühne, drum herum oder darunter kam es mir oft so vor. Kamera, Belichtungszeit, Blende und Lichtempfindlichkeit in Kombination immer an ihre Grenzen gebracht, hatte ich ein eigenes Rezept erarbeitet mit den Bildern später umzugehen. Die Dateien hatten schon die Anmut von analoger Fotografie, gab es beim späteren Einsatz von Hahnemühle Photo Rag Artpaper matt für die Kunstausdrucke, für den Betrachter kein Zweifel, dass es sich um analog entstandene Bilder handeln muss.

Die Vernissage war ein Fest, eine Kombination aus Schauspielern, Theatermitarbeitern, kunst- und fotointressierten Hamburgern und Freunden. Ein volles Haus und mindestens ein erfülltes Herz……